Außenpolitik und Diplomatie sind sensible Felder. Es gibt nur wenige Bereiche zwischenmenschlicher Kommunikation, in denen Worte so behutsam gewählt, so penibel abgewogen werden, wie auf dem Felde der zwischenstaatlichen Diplomatie. Dennoch gibt es auch hier den harten Anschlag, das schwere verbale Geschütz, das Schmerzgrenzen markieren und Grenzen setzen soll. Zu diesem besonderen Vokabular gehört zweifellos die “rote Linie”, die von Außenpolitikern und Diplomaten vor allem dort gesetzt wird, wo es brenzlig wird, wo es gilt, der Gegenseite Haltelinien oder Grenzmarkierungen aufzuzeigen. Besonders brisant wird das wechselseitige “Bis-hierher-und-nicht-weiter” in Zeiten des Krieges, wo sich regelhaft zwei rote Linien aufeinander zubewegen und wo verbale Eskalation fast immer in unmittelbar reale Eskalation mündet. „Rote Linien“ weiterlesen
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Preisgalopp – Wenn´s unbezahlbar wird
Niemand wird behaupten können, dass es sie nicht gegeben hätte: die Mahner, die kritischen Auguren auf dem Felde der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Es gab sie durchaus, die Stimmen an der Peripherie des medialen Mainstreams, die das Zuviel in der Geldpolitik, das Zu-Einseitig in der Energiepolitik und das Zu-Optimistisch in der Außen- und Sicherheitspolitik kritisiert haben. Nur hören, wollte man sie nicht. Jetzt, wo der Kahn auf Grund zu laufen droht und sich ein Großteil der Vorhersagen zu bewahrheiten scheint, will es – wie so oft in solchen Situationen – keiner so recht gewesen sein. „Preisgalopp – Wenn´s unbezahlbar wird“ weiterlesen
Sieg oder Niederlage
Geschichtsbücher – und zwar nicht nur die alten Folianten früherer Tage, sondern auch fast alle modernen Monographien – rekapitulieren Siegergeschichte. Die Verlierer kommen in den historischen Abhandlungen in der Regel nur als unterworfene Antipoden bzw. als Negativfolien einer siegerzentrierten Fortschrittsgeschichte vor. Im besonderen Maße gilt das für Kriegs-und Nachkriegszeiten, wo im Windschatten der Schlachten und im Angesicht der Zerstörungen auch auf dem Felde der Medien und der politischen Rhetorik Kriegszustand herrscht. „Sieg oder Niederlage“ weiterlesen
Fahren auf Verschleiß
In diesen Tagen ist viel von “Mobilitätswende” die Rede. Ein Begriff aus dem Subtext der noch viel mächtigeren Energiewende. CO2-lastige Verkehrsträger sollen zugunsten CO2-armer Mobilität zurückgedrängt werden. Klimaschonend soll sie sein, die neue Mobilität. Muskelkraft statt SUV. Bahn statt Auto. Balkonesien statt Malle. Und wenn schon Bewegung im öffentlichen Raum, dann bitte nur mit möglichst kleinem Fußabdruck und auf möglichst leisen Sohlen. „Fahren auf Verschleiß“ weiterlesen
Mit dem Mangel wirtschaften
Angefangen hat alles mit fehlenden Handybauteilen, fehlenden Baumaterialien und akuten Lücken in der Automobillogistik. Lieferkettenprobleme hieß es landauf und landab. Corona hat die globalen Logistikketten durcheinander gewirbelt. Die Container stauen sich vor den Zero-Covid-geplagten Hafenterminals an Chinas Küsten. Und wenn das alles nicht schon genug wäre: Nun geht uns auch noch das Erdgas aus. Und nun warnt der Bundeswirtschaftsminister sogar vielsagend vor „politischen Albtraumszenarien“. „Mit dem Mangel wirtschaften“ weiterlesen
Gelderosion
“Geld regiert die Welt”, “Money makes the world go round”, “Ohne Moos nix los”! – Die in der Regel der Volkssprache entlehnten Wendungen zur Beschreibung der “Geldherrschaft” sind schier unerschöpflich. Wenn es einen Stoff gibt, der die Welt im Inneren zusammenhält, dann ist es das sagenumwobene “Pecunia”, das universelle Tausch- und Wertaufbewahrungsmittel namens Geld. „Gelderosion“ weiterlesen
Rhetorische Aufrüstung
Noch vor wenigen Wochen hätten wir alle Themen rund ums Militärische angstvoll gemieden. Soldaten-Jargon oder gar Casino-Ton waren komplett out. Gewaltkonnotierte Sprache war restlos tabu. Jetzt plötzlich scheint irgendwie alles anders: Schlachten werden geschlagen, Panzer rücken vor, Truppen werden verschoben und Helden werden geboren. Das alles scheint schon verrückt genug. Leider wird vielen Betrachtern die Wucht der rhetorischen Wende noch nicht einmal bewusst. Die Einbettung des aktuellen Kriegsgeschehens in der Ukraine in bekannte, stark moralisierende Narrative suggeriert Kontinuität dort, wo gar keine ist.1 „Rhetorische Aufrüstung“ weiterlesen
Wer kämpft hier eigentlich für wen?
Mindestens seit dem 24. Februar ist aus der unterschwelligen, leider oft genug verdrängten Ahnung wieder echte Gewißheit geworden: Frieden ist ein großes Geschenk. Nicht nur im christlich-abstrakten Sinne einer transzendental-österlichen Versöhnung mit dem Tod, sondern ganz unmittelbar für uns Alltagsmenschen, die wir täglich unserer Arbeit und unseren privaten Zerstreuungen nachgehen. „Wer kämpft hier eigentlich für wen?“ weiterlesen
Neuer Heroismus
In diesen Tagen ist viel von Zeitenwende die Rede. Der Ukraine-Krieg, so der breite Tenor, ändert alles. Alte Gewissheiten, so hallt es durch den Blätterwald, sind plötzlich obsolet und werden durch neue Erkenntnisse abgelöst, über die so vorher angeblich niemand nachgedacht hatte. – Ist das wirklich so? Leben wir mitten in einer akuten Zeitenwende, einer Art Sattelzeit, wo sich das Vorher vom Nachher radikal unterscheidet? Vor allem: Was ist plötzlich mit uns selbst los? Was treibt uns dazu, langjährig eingeübte politisch-mentale Dispositionen quasi über Nacht zu kassieren? Wo ist sie plötzlich hin, unsere Abneigung gegen alles Martialische? Unsere jahrzehntelang antrainierte Furcht vor einem lauten Heroismus, der in Militärstiefeln und Tarnanzügen daher kommt? „Neuer Heroismus“ weiterlesen
Auf ganz schmalem Grat
Wer in diesen Tagen die Zeitungen aufschlägt, den Fernseher einschaltet oder sich durchs Internet klickt, den überfällt unweigerlich ein heftiges Gefühl der Beklemmung. Zunächst und zuvorderst sind es die Schreckensbilder aus den Kriegsgebieten der Ukraine, die einen beinahe fassungslos zurücklassen. Eine bis an die Zähne bewaffnete Streitmacht pflügt durchs Land, zerschmettert ganze Städte und hinterlässt eine Spur der Verwüstung. Beinahe genauso verstörend, wie die Kriegsbilder, wirken jedoch die verbalen Eskalationen auf allen Begleitkanälen. An manchen Stellen überlagern die schrillen Töne sogar den fernen Gefechtslärm. – Was ist da los? Ist der schmale Grat auf dem da balanciert wird, den Protagonisten überhaupt noch bewußt? Erleben wir aktuell nicht geradezu ein Wettrennen um den schmalsten Grat? Sind wir überhaupt noch Herr des Geschehens? „Auf ganz schmalem Grat“ weiterlesen